Alkoholismus Therapieforschung Schweiz (atf Schweiz)

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13. atf-Fachtagung 2018

"Mitgefangen, mitgetragen?"

 

Rund 500 000 Menschen in der Schweiz sind Angehörige Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit.

Wir Menschen leben in Beziehung. Unsere frühen Beziehungserfahrungen prägen uns für den Rest des Lebens. Unsere Partner und Partnerinnen sind die Quelle für höchste Freuden und tiefstes Leid. Unseren Kindern gilt unsere ganze Liebe und sie erfüllen uns mit Sinn. Die zentrale Bedeutung, die Angehörige im Leben haben, kommt in den auf den einzelnen fokussierten therapeutischen und präventiven Angeboten oft nicht zum Ausdruck: Zwei Drittel aller Organisationen geben an, maximal 20 Prozent ihrer Arbeit für die Unterstützung der Angehörigen aufzuwenden.

Jede Krankheit stellt die Tragfähigkeit von Beziehungen auf die Probe. Abhängigkeitserkrankungen tun dies auf besondere Weise. Betreffen sie doch den «Willen» und das Beziehungsverhalten unmittelbar. Rund 500 000 Menschen in der Schweiz erfahren dies direkt als Angehörige von Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung. Die Sorge, die eigenen Kinder damit zu belasten, ist real. Derzeit betrifft dies 100 000 Kinder in der Schweiz. Sie weisen ein sechsmal höheres Risiko auf, psychisch krank zu werden. Zugleich ist die Liebe zu den eigenen Kindern eine gewaltige Kraft, die potentiell diese transgenerationale Kette sprengen kann.

Bei Ärger mit unseren Partnerinnen und Partnern liegt der Griff zur Droge nahe. Mit dem Konsum ist der nächste Arger vorprogrammiert. Dieser Kreislauf kann sich zum zerstörenden Strudel entwickeln. Die Gesundheitskosten von Partnerinnen und Partnern steigen jeweils in den Konsumphasen der Abhängigen, was das Ausmass der Belastung zeigt. Gelingt es, die emotionalen Wunden zu heilen und den Kreislauf aus Arger und Schuld durch gegenseitige Fürsorge zu ersetzen, kann die Beziehung wieder Halt geben und die Resilienz von beiden wird gestärkt.

An der atf-Tagung standen die Angehörigen für einmal im Fokus. Es ging um ihr Leid, ihren Anspruch auf Unterstützung und um ihre Zuneigung unseren Klientinnen und Klienten gegenüber.

Dr. med. Alexander Wopfner

Chefarzt Klinik Südhang, Kirchlindach